
Der äthiopische Kaffee
Äthiopien gilt als Geburtsstätte des Kaffees und es produziert auch heute noch einige der besten Single-Origin-Kaffees der Welt. Doch was macht diesen Kaffee und das Land im Osten Afrikas besonders? Der ursprüngliche Name für Kaffee, Kaffa, stammt aus der Region im Südwesten Äthiopiens, wo Kaffee zuerst in der freien Natur wachsend entdeckt wurde. Anders als in fast allen anderen Kaffeeanbauländern gedeihen Kaffeebäume hier auf natürliche Weise. Über die Legende, wie es zur Entdeckung des Kaffees kam, habe ich bereits ausführlich berichtet. Deshalb möchte ich mich nun auf Geschmack, Anbau und Zubereitung konzentrieren.
Shortcuts
> Äthiopien wird als die Wiege des Kaffees bezeichnet. Hier wuchs der erste Arabica Kaffee.
> Die Geschmackseigenschaften äthiopischer Kaffees sind meist hellfruchtig und blumig, mit höherer Säure und leichtem bis mittlerem Körper.
> In Äthiopien wachsen mehr als tausend verschiedene Kaffeesorten. > Kaffee ist für diese Menschen enorm wichtig. Die Hälfte der Kaffeeproduktion wird im Land konsumiert.
> Das äthiopische Volk pflegt seine kulturellen Traditionen. Eine davon ist, dass wichtige Ereignisse von Kaffeezeremonien begleitet werden. Diese können schon mal zwei bis drei Stunden dauern und mehrmals am Tag stattfinden. Im Rahmen von Familienfesten servieren dabei Kinder den Kaffee. Er wird vorher in einer Pfanne geröstet, von Hand mit einem Mörser gemahlen und langsam über offenem Feuer gebrüht. Anschließend wird der Kaffee vorsichtig ausgeschenkt, damit der Kaffeesatz möglichst im Kessel bleibt. Getrunken wird er in der Regel sehr süß und ohne Milch.
Die äthiopische Kaffeeindustrie
Äthiopien gehört zu den größten Kaffee produzierende Nation der Welt und ist die Produktionsstärkste in Afrika.
Äthiopier konsumieren etwa die Hälfte des Kaffees ihres Landes selbst. Die andere Hälfte geht in den Export. Davon erhält Europa zirka die Hälfte, Asien und Nordamerika jeweils ein Viertel.
Der meiste Kaffee wird von Kleinbauern produziert. Bauern können ihren Kaffee über die 2008 von der Regierung eingerichtete Äthiopische Rohstoffbörse (ECX – Ethiopia Commodity Exchange) verkaufen. Einmal in die ECX gebracht, werden Kaffees aus ähnlichen Regionen zusammengemischt und verkauft. Was einerseits den Bauern den Vertrieb ihrer Ware erleichtert, ist andererseits für Spezialitätenkaffee-Röster und Verbraucher ein Problem. Es macht die Rückverfolgung von Kaffees zu bestimmten Farmen, und damit zu Anbau- und Wachstumsbedingungen recht schwierig.
Durch neue Richtlinien ist es den Bauern aber seit 2017 erlaubt, den eigenen Kaffee unabhängig von der Börse schon über einzelne Waschstationen zu verkaufen. Käufer aus Europa und anderen Teilen der Welt nutzen diese Möglichkeit, bauen so direkte Beziehungen zu Produzenten auf und stellen langfristig den Bezug von zurückverfolgbarem Kaffee sicher. Diese Transparenz ermutigt die Landwirte auch, in ihre Methoden zu investieren und bessere Kaffees zu produzieren. So entstehende, sortenreine Kaffees haben ihr ganz eigenes Profil und erzielen aufgrund ihrer einzigartigen Qualität auch höhere Preise.
Wachstum und Verarbeitung
Äthiopien ist die ursprüngliche Heimat des Kaffees. Kaffeebäume wachsen hier seit Jahrhunderten in der freien Natur. Die Landschaft, der Boden und das Klima sind für die Kaffeeproduktion optimal, wohingegen anderswo auf der Welt die Kaffeebauern oft erst die benötigten Bedingungen schaffen müssen, um bestimmte Kaffeesorten anbauen zu können. Hohe Erhebungen in der südlichen Bergregion sorgen also für hervorragende Wachstumsbedingungen. Hier ist der Boden locker und nährstoffreich, die begleitende Vegetation ist üppig. So können die meisten Kaffees ohne den Einsatz von Chemikalien im Schatten und zwischen anderen Pflanzen gedeihen.
Ein Großteil des äthiopischen Kaffees wird natürlich verarbeitet. So wird es traditionell seit Jahrhunderten gemacht und daran hat sich im Laufe der Zeit nicht viel geändert. Die Nassverarbeitung hingegen ist in Äthiopien „relativ“ neu und wird ständig verändert, je nachdem welche neuen oder alten Geräte gerade zur Verfügung stehen.

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Hauptanbaugebiete
Bis 1995 war Äthiopien in Provinzen aufgeteilt. Das Land ist jetzt in Distrikte unterteilt, allerdings sind die alten Provinzname noch immer gebräuchlich. In Sidamo, der südlichsten Provinz, befinden sich viele der Kaffeeanbaugebiete. Hier liegt auch das bekannte Yirgacheffe, eine kleine Stadt, deren nahegelegenen Farmen beständig einige der besten Kaffees der Welt produzieren. Viele Produzenten in dieser Region Äthiopiens bevorzugen die Nassverarbeitungsmethode. Dies ergibt einen hellen Kaffee mit einem höheren Säuregehalt, einem leichten Körper, einem süßen, fruchtigen Geschmack und blumigen Noten.
Eine weitere Anbauregion ist Guji, im Süden der Region Sidamo. Guji-Kaffee ist weltweit sehr begehrt. Entsprechend verarbeitet erhältst Du süße Blumennoten wie Jasmin, Melone und Pfirsich sowie einen teeähnlichen Körper.
Harrar liegt im Osten Äthiopiens, östlich der Hauptstadt Addis Abeba. In dieser Region wird fast ausschließlich trocken verarbeiteter Kaffee produziert. Diese Kaffees sind weinig, enthalten Wildfruchtcharakter und haben einen sirupartigen Körper.
Geschmackseigenschaften
Kaffee aus Äthiopien ist bekannt für seine hellfruchtigen und blumigen Aromen. Diese Kaffees haben typischerweise einen höheren Säuregehalt, einen leichten bis mittleren Körper und komplexe Geschmacksnoten.
Die Bohnen werden entweder gewaschen oder natürlich verarbeitet. Die verwendete Verarbeitungsmethode hat einen großen Einfluss auf den endgültigen Geschmack des Kaffees. Bei der Nassverarbeitung werden die Kaffeekirschen gleich mechanisch vom Fruchtfleisch getrennt. Dadurch entsteht ein klarer Geschmack mit hellen, komplexen Noten, die an Jasmin und Zitronengras erinnern und am Gaumen leichter und trockener wirken als ihre Pendants aus natürlicher Aufbereitung. Natürlich verarbeitete Kaffees werden mit dem auf der Bohne verbleibenden Fruchtfleisch getrocknet. Es wird erst kurz vor dem Export bzw. der Weiterverarbeitung entfernt. Diese Bohnen weisen stärkere fruchtige, beerige und weinartige Noten auf und enthalten tiefe schokoladige Untertöne mit einem mittleren bis schweren, sirupartigen Körper.

Die besten Röstprofile für äthiopische Kaffees
Für Bohnen aus Äthiopien ist eine klassische mittlere Röstung ideal. Dann entsteht eine harmonische Komposition aus heller Säure, süßen Aromen und einem mittleren Körper. Ein etwas dunklerer Roast würden viele der Aromen überdecken, die einen Äthiopier so großartig machen. Viele Röster ziehen es heute vor, ihre äthiopischen Bohnen sehr leicht zu rösten, um einen teeähnlichen Körper zu kreieren und die komplexen Aromen zur Geltung zu bringen. Kaffee aus Äthiopien schmeckt pur am besten. Genieße ihn wenn möglich als Single Estate / Single Origin, denn diese Bohnen haben allein schon enorm viel zu bieten.
Die besten Zubereitungsmethoden für äthiopischen Kaffee
Kaffeemaschine
Äthiopischer Kaffee eignet sich mit seinem leichten Körper und seiner hellere Säure am besten als Filterkaffee. Eine klassische Kaffeemaschine ist ideal. Natürlich sollte der Kaffee frisch geröstet und gemahlen sein. Der Papierfilter verleiht den Aromen des Kaffees viel Klarheit und verleiht ihm die perfekte Menge an Säure und Körper. Chemex und Handfilter
Mit dem Pour Over Verfahren erzielst Du ebenfalls hervorragende Ergebnisse. Hier hast Du eine bessere Kontrolle über den Aufguß. So kannst Du, wenn Du möchtest, den Brühvorgang verlangsamen um die besten Aromen aus dem Pulver herauszuholen. Für gewaschene Äthiopier empfehle ich Dir eine Chemex, weil ihr dicker Papierfilter einen teeähnlichen Körper und saubere, helle Geschmacksnoten ergeben. Bei einem Natural kannst Du den Hario V60 mit dünnerem Papierfilter verwenden, um den sirupartigen Körper und die hellen, sauren Fruchtnoten hervorzuheben. Mittelgrob gemahlen wird die fruchtig helle Säure betont und eine Überextraktion von Bitterstoffen vermieden. Cold Brew
Aufgrund ihrer fruchtigen und blumigen Note eignen sich äthiopische Bohnen auch wunderbar als erfrischender Cold Brew oder Eiskaffee. Das Getränk wird weich, mit Noten von Heidelbeere oder Pfirsich. Achte beim Cold Brew darauf grob zu mahlen, um die Säure des Kaffees nicht zu stark zu extrahieren.
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