
Der kenianische Kaffee
Kenia produziert einige der besten Kaffees der Welt. Das Land ist bekannt für sein Genossenschaftssystem, durch das die Produktion und der Verkauf von Kaffeebohnen strukturiert und gefördert wird. Kenianischer Kaffee wird als besonders komplex, sauber, frisch und lebendig beschrieben. Der Grund dafür liegt einerseits in den idealen Anbaubedingungen, andererseits an umfangreichen Forschungs- und Handelsstrategien, in die die Regierung über die letzten Jahrzehnte recht viel Arbeit investiert hat. So konnte man sich bisher das Knowhow sichern, um kontinuierlich Nachschub an hochwertigen Kaffeebohnen herzustellen. Doch wie lange noch? Die Kaffeebauern gehören nach wie vor zu den ärmsten der Welt und müssen sich den massiven, geopolitischen Veränderungen stellen.
Shortcuts
- die Kenianer selbst trinken lieber Tee statt Kaffee
- es soll zirka 150.000 kenianische Kaffeebauern geben
- sechs Millionen Kenianer sind direkt oder indirekt in der Kaffeeindustrie beschäftigt
Die Geschichte des kenianischen Kaffees
Kenia liegt in unmittelbarer Nachbarschaft zu Äthiopien, wo der Ursprung des Kaffees zu finden ist und dessen Geschichte bis ins 9. Jahrhundert zurück reicht. Man könnte nun annehmen, das Kenia eine ähnlich lange Historie vorzuweisen hätte. Dem ist aber nicht so. Verschiedene Quellen berichten, dass diese Story ganze tausend Jahre kürzer sein soll. Demnach kam der Kaffee erst in Jahr 1893 nach Kenia, als Missionare Bourbon-Kaffee aus Brasilien importierten. (Ich persönlich glaube aber, dass der Kaffee bereits deutlich früher von den Arabern in Kenia angebaut wurde, die die Bevölkerung unter sklavenähnlichen Bedingungen für sich arbeiten ließen.) Unter britischem Dogma wurde der Kaffee in Bura, in den Taita Hills angebaut, ab 1900 in Kibwezi und dann um 1904 in Kikuyu, wo die Plantagen erstmals auch künstlich bewässert wurden. Zu dieser Zeit stand Kenia als Protektorat Ostafrika unter britischer Kontrolle. Die Briten hatten somit die Hoheit über die Landwirtschaft in der Region, zu der auch der Kaffeeanbau gehörte. Es galt als selbstverständlich, dass die Plantagen von weißen Siedler geführt wurden und die Einheimischen als kostenlose oder billige Arbeitskräfte dienen sollten. Bis 1933 gab es auch keine Vorschriften für den Anbau, die Produktion, die Verarbeitung, die Klassifizierung und die Vermarktung. Nichts regelte die Entwicklung dieses Industriezweiges und niemand bemühte sich um die Rechte der in Armut lebenden Arbeiter. Dann gründete die Kolonialregierung das nationale Coffee Board (CB), welches fortan für die Lizenzierung, Inspektion und Förderung von Kaffee zuständig war. Im darauf folgenden Jahr, 1934, wurden Auktionen als Mittel zum Verkauf von kenianischem Kaffee eingeführt. Die erste Auktion fand im September 1935 statt.
Mehr als ein Jahrzehnt später wurde 1946 ein Coffee Marketing Board (CMB) gegründet, das sich um die Vermarktung von Kaffee kümmern sollte. Es nahm seine Tätigkeit am 1. Juli 1947 auf. In den 1950er Jahren kämpfte die antikoloniale Unabhängigkeitsbewegung Mau-Mau gegen die Herrschaft der weißen Siedler und brachte die Grundfesten der britischen Herrschaft ins Wanken. Dieser bürgerkriegsähnliche Aufstand wurde hauptsächlich von den bäuerlichen Kikuyu in der Zentralregion Kenias initiiert und ausgetragen, die unter enormen Landenteignungen zugunsten weißer Siedler zu leiden hatten. Obwohl die Mau-Mau-Bewegung am Ende der 1950er Jahre niedergeschlagen wurde, führte ihr Kampf doch dazu, dass Großbritannien 1963 Kenia in die Unabhängigkeit entlassen musste. Den Einheimischen wurden erste Rechte eingeräumt und auch der Kaffeeanbau gestattet. Dennoch gab es immer noch staatliche Beschränkungen, was die Anzahl der Pflanzen und den Prozess der Kaffeeverarbeitung anging. Um nach wie vor eine gewisse Kontrolle und den Überblick zu bewahren, musste der gesamte Kaffee zentral verarbeitet und vermarktet werden. Dadurch stellte man sicher, dass der beste Kaffee exportiert wurde, während der minderwertige Kaffee in den nationale Verkauf ging. Um dies zu organisieren, begann die Entstehung eines Netzwerks aus Genossenschaften und Kooperativen.
Das Coffee Marketing Board wurde 1971 wieder aufgelöst. Die Verantwortung für die Kaffeevermarktung übernahm danach das Coffee Board of Kenya (CBK). Im Juli 2001 trat ein neues Kaffeegesetz in Kraft, welches das Board als Körperschaft des öffentlichen Rechts dem Landwirtschaftsministerium unterstellte. Das Gesetz legte neue Aufgaben für das CBK fest. Es soll unter anderem Strategien zur Förderung der Kaffeeproduktion, der Verarbeitung sowie der lokalen und globalen Vermarktung, Registrierung und Lizenzierung formulieren. Man richtete Forschungseinrichtungen ein, baute kooperative Systeme aus und unterhielt weiterhin den offenen Auktionsexport, der als Schlüssel zum Erfolg in den 1990er und 2000er Jahren gilt. Die kenianische Kaffeeindustrie wird heute oft als eine der fortschrittlichsten der Welt gepriesen.
Zwei Drittel der Kaffee-Produktion stammen heute von Kleinbauern, das restliche Drittel von Großplantagen. Leider gehören die Kaffeebauern in Kenia trotz der Rentabilität der Bohnen selbst zu den ärmsten der Welt. Dies wirkt sich allmählich auf die Produktion aus. Die Erträge sind seit einigen Jahren rückläufig, weil die Kleinbauern den sozioökonomischen Faktoren nachgeben müssen. Gründe dafür sind ein Immobilienboom in den ehemals für den Anbau genutzten Gebieten sowie die weltweite Instabilität der Kaffeepreise.
Wachstumsbedingungen und Verarbeitung
Kenias berühmter Arabica-Kaffee wird sorgfältig in den fruchtbaren, vulkanischen Höhenlagen zwischen 1400 und 2000 Metern über dem Meeresspiegel des Mount Kenya angebaut. Der tiefgründige, lehmige Boden eignet sich hervorragend für den Anbau von Arabica-Bohnen und ist einer der Hauptgründe für den guten Ruf des kenianischen Kaffees. Die Höhenlage trägt dazu bei, dass die Kaffees langsam wachsen und genügend Zeit haben, sich zu entwickeln. Somit qualifizieren sich kenianische Kaffeebohnen für den Status "Strictly High Grown" (SHG) beziehungsweise "Strictly Hard Bean" (SHB). Diese Anbauregion erstreckt sich bis zur Hauptstadt Nairobi, während kleinere Regionen um den Mount Elgon und im Rift Valley ebenfalls Kaffee anbauen. Überall verteilt sich der Anbau auf Großplantagen und Kleinbauern. Der charakteristische saubere, helle und fruchtige Geschmack des kenianischen Kaffees wird oft auf das fast völlige Fehlen von Schatten in diesen beiden Gebieten zurückgeführt. Die Temperaturen liegen zwischen 15°C und 24°C.
Die Kenianer sind bestrebt, ihr Land zu pflegen und die hohe Qualität der dort angebauten Pflanzen zu schützen. Ihre Liebe zum Detail beim Beschneiden, Ernten und Verarbeiten der Bohnen ist der Schlüssel zur unvergleichlichen Qualität des Kaffees. Die Verarbeitung erfolgt nach strengen Vorgaben. Bei der Ernte werden nur perfekt reife rote Kirschen ausgewählt, wobei darauf geachtet wird, dass alle beschädigten oder kranken Früchte entfernt werden. Die gesamte Verarbeitung erfolgt dann im Nassverfahren. Die Bohnen durchlaufen einen langen Fermentationsprozess von bis zu 36 Stunden. Danach werden sie in der Sonne getrocknet, weiterverarbeitet und sortiert.
Die Sortierung erfolgt nach Größe, Gewicht, Dichte, Form und Farbe. Die Bohnen können von E (für Elefant) über AA bis C (eine der kleinsten Größen) eingestuft werden. Je größer, dicker, gesünder und dichter die Bohne ist, desto besser.

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Anbauregionen
Zentralkenia
Zentralkenia umfasst die Bezirke Kiambu, Nyeri, Kirinyaga und Muran´ga, die traditionellen Kaffeeanbaugebiete in Kenia. Hier werden zirka 60 % der Kaffeeernte des Landes eingefahren. Vor allem Kiambu war wegen seiner großen Ländereien einst als das "Brasilien" Kenias bekannt. Zentralkenia verfügt über reichlich landwirtschaftliche Flächen, auf denen die Bauern auch Tee und andere Pflanzen kultivieren. Der Kaffee wächst hier auf kleinen und großen Farmen, besonders gut an den Hängen des Mount Kenya und der Aberdare Ranges. Kaffees aus Muran'ga, Kiambu und Thika haben eine abgerundete Säure mit Grapefruitgeschmack, während Kirinyaga- und Nyeri-Kaffees eher eine scharfe Zitrussäure, einen vollen Körper mit Noten von schwarzen Johannisbeeren und Schokolade aufweisen.
Östliche Region (relativ)
Die Bezirke Meru Central, Embu, Machakos, Tharaka-Nithi und Makueni liegen mehrheitlich östlich der zentralkenianischen Region, bezogen auf die Landesgrenzen jedoch ebenfalls im Landesinneren. Sie weisen bergige Moorlandschaften, aber auch trockene und halbtrockene Zonen auf. Kaffee wird in hügeligen Gebieten wie den Iveti, Kangundo und Mbooni Hills angebaut. Kaffee ist eine sehr wichtige Kulturpflanze für die Wirtschaft dieser Bezirke und stellt für viele Familien eine direkte und indirekte Einkommens- und Beschäftigungsquelle dar.
Die Rift-Valley-Region
Das Rift Valley ist Teil des ostafrikanischen Grabenbruchs. Kaffee wird im Hochland westlich des Rift Valley in Nakuru, Nandi, Kipkelion, Trans Nzoia und Baringo angebaut. Die Böden im Rift Valley sind junge Vulkanböden und sehr fruchtbar. An vielen Stellen ist die Lava noch nicht von der Vegetation bedeckt und noch sichtbar. Die Temperaturen sind mild und steigen nicht über 28 °C. Die Gebiete bringen Kaffee mit mittlerem Säuregehalt, vollem Körper, fruchtigen Obertönen und einem reichen Schokoladengeschmack hervor.
Westliche Region
Die westliche Region umfasst die Bezirke Bungoma, Vihiga, Trans-Nzoia County und Kakamega. Bungoma-Kaffee wird an den Hängen des Berges Elgon angebaut und hat eine helle Säure mit fruchtigen Obertönen. Trans-Nzoia ist der "Getreidegürtel" Kenias. Der Kaffee wächst hier auf kleinen und mittleren Plantagen und bietet eine scharfe Zitrusfruchtsäure und einen vollen Körper.
Region Nyanza
Das Hauptkaffeeanbaugebiet in Nyanza umfasst die Bezirke Kisii, Nyamira, Migori und Kisumu. Die Bezirke Kisii und Nyamira gehören zu den am dichtesten besiedelten Bezirken Kenias. Das Kisii-Hochland ist ein landwirtschaftlich reiches Gebiet mit hohen und zuverlässigen Niederschlagsmengen. Das Tassenprofil weist einen mittleren Säuregehalt und einen mittleren Körper auf, der weich und cremig ist. Der Geschmack ist süß, nussig und röstig mit einigen fruchtigen Anklängen.
Geschmackseigenschaften
Kenianische Kaffeebohnen sind bekannt für ihren vollen Körper, ihre ausgewogene Komplexität und ihre kräftige Tiefe im Geschmack. Sie bieten in der Regel eine würzig-süße Nuance, die Experten als weinähnliche Säure beschreiben. Viele Bohnen, die in hohen Lagen auf vulkanischen Böden angebaut werden, prägt ein hoher Säuregehalt.
Je nach Kaffeesorte reichen die Aromen von schwarzen Johannisbeeren, Pfeffer und Brombeere über Honig und Lavendel bis zu herben Zitrusfrüchten. Sie sind in der Tasse durchweg sauber und bieten einen tropischen Geschmack, der die Einzigartigkeit der Herkunft unterstreicht. Es gibt Ähnlichkeiten zum äthiopischen Harrar, nur dass der kenianische Kaffee einen vollmundigeren Geschmack hat.

Röstung
Kenia-Bohnen vertragen eine Vielzahl von Röstungen, bevorzugt wird aber eine leichte bis mittlere Röstung, um die subtilen fruchtigen Aromen der Bohne besser zur Geltung zu bringen. Obwohl die verschiedenen Klassifizierungen (Kenia E, AA, AB, Peaberry...) unterschiedlich auf die Wärmezufuhr reagieren, sind sie jedoch alle aufgrund ihrer relativ dichten Struktur recht tolerant. Der Schlüssel liegt darin, die fruchtige Säure der Bohnen zusammen mit dem cremigen Mundgefühl hervorzuheben. Häufig wird eine sehr helle Röstung bevorzugt, aber auch eine etwas dunklere Röstung kann dazu beitragen, die süßeren Beerenaromen der Bohne zu betonen.
Sehr helle Röstungen sind oft stärkehaltig mit malzigen und bananigen Nuancen, während etwas dunklere Full City-Röstungen Kakao- und Karamelltöne in den Vordergrund rücken. Die Trocknungsphase der Röstung ist bei Kenia-Kaffee besonders wichtig. Eine langsamere Trocknung trägt dazu bei, dass die Süße stärker hervortritt und sich das geschätzte gewichtige Mundgefühl entwickelt. Das Erreichen des ersten Cracks sollte daher langsam erfolgen. Es wird auch empfohlen, die kenianischen Bohnen nach dem Röstvorgang mindestens zwei Tage ruhen zu lassen, um die ihnen innewohnende Süße zu optimieren.
Zubereitung
Wie bei jeder anderen Kaffeesorte auch, kannst Du die kenianischen Bohnen auf verschiedene Arten genießen. Wenn Du die feinen Nuancen eines kenianischen Kaffees wirklich betonen willst, wird eher eine Steeping-Zubereitung als eine Tropfmethode empfohlen. Beim Steeping "taucht" man den Kaffee ins Wasser und lässt ihn ziehen. French Press
Eine French Press oder eine Aeropress sind beides hervorragende Geräte für diese Aufgabe. Es wird auch empfohlen, die kenianischen Bohnen etwas stärker zu brühen und etwas feiner zu mahlen als üblich. Dies alles dient dazu, die helle und säuerliche Natur der Bohnen besser hervorzuheben. Kahawa Chunghu
Die Kenianer selbst ziehen Tee dem Kaffee vor, und erst in den letzten Jahrzehnten hat sich das Kaffeetrinken in der Region durchgesetzt. Eine Ausnahme bildet Kahawa Chunghu, auch bekannt als kenianischer Bitterkaffee. Das Getränk wird in der Regel über einem Holzkohleofen in einem hohen Messingkessel gebrüht und erhält seine Bitterkeit durch die Zugabe von Ingwer, Kardamom, Zimt oder anderen Gewürzen. Er wird oft mit Datteln oder anderen süßen Leckereien serviert, um seine Stringenz am Gaumen auszugleichen. Cold Brew
Kenianische Bohnen werden oft als die besten für die Zubereitung von Cold Brew angesehen, denn dabei bleiben die subtileren blumigen und fruchtigen Noten der Bohnen erhalten.
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