
Der kongolesische Kaffee
Wenn es um Spitzenkaffee geht, denken viele Menschen sofort an Südamerika und Brasilien, aber auch an Afrika und Äthiopien. Die Demokratische Republik Kongo kommt einem in diesem Kontext wohl nicht sofort in den Sinn. Wer jedoch auf der Suche nach faszinierenden Geschmacksrichtungen ist, kann hier einige Überraschungen erleben. Klar, dieses zentralafrikanische Land präsentiert sich auf der weltpolitischen Bühne nicht gerade stabil und vertrauensvoll (was sich auf die Kaffeeproduktion, Investment und Export negativ auswirkt), der Kaffee an sich ist jedoch von besonderer Qualität.
Shortcuts
- Die DR Kongo ist das größte Land in Afrika südlich der Sahara.
- Regenwald und Berge im östlichen Kongobecken ergeben ein perfektes Klima für den Kaffeeanbau.
- Das Wetter erzeugt hier weltweit die meisten Blitze.
- Der fruchtbare Boden vulkanischen Ursprungs ist reich an Mineralien und anderen Bodenschätzen.
- Die Spezialitätenkaffee-Industrie beginnt sich zu entwickeln und trägt zu Stabilisierung des Landes bei.
Die Geschichte des kongolesischen Kaffees
Ob und wann die Kaffeepflanze in den Kongo kam, ist nicht genau bekannt. Die Nähe zu Äthiopien lässt vermuten, dass es bereits in den ersten Jahrhunderten nach der Entdeckung seiner Eigenschaften durch indigene Völker geschah. Es ist auch nicht auszuschließen, das bestimmte Sorten (Coffea congensis) seit jeher hier heimisch sind.
Die Demokratische Republik Kongo (1971 bis 1997 Zaire) ist im Hinblick auf die natürlichen Ressourcen eines der reichsten Länder Afrikas. Und trotzdem gehört es zu den ärmsten Ländern des Kontinents. Um zu verstehen, warum das Land nicht auf eine sprichwörtlichen "grünen Zweig" gekommen ist und das Potential für einen erfolgreichen Kaffeeanbau bis heute nicht genutzt wird, muss man sich die letzten 150 Jahre betrachten.
Wir alle kennen die Bestrebungen der europäischen Kolonialmächte im 19. Jahrhundert, die letzten Reste der noch nicht entdeckten Welt zu erschließen und sich zu Eigen zu machen. Das Gebiet, auf dem sich heute die DR Kongo befindet, liegt gut geschützt im zentralen Afrika und besteht (außer auf dem südlich gelegenen Katanga-Plateau) aus bergigem, unzugänglichem oder dicht überwuchertem Regenwald. 1866 machte sich der britische Forscher David Livingstone zu Forschungs- und Entdeckungsreisen nach Zentralafrika auf und galt bald als "verschollen". Im Jahr 1869 reiste ihm der Journalist und Afrikaforscher Henry Morton Stanley hinterher, um Livingstone zu finden. Er traf ihn schließlich am 10. November 1871 in der Nähe des Tanganjikasees. Daraufhin machten sich beide auf die Suche nach der Quelle des Nils und um die reichen Wasserquellen Afrikas zu kartieren. Der bereits kranke Livingstone starb und Stanley stieß später auf etwas vielleicht noch Bedeutenderes: eine Verbindung zum großen Kongo-Fluss. Mit dieser Entdeckung war es nun möglich, das Innere des afrikanischen Kontinents bis zur damaligen portugiesischen Siedlung Boma an der Westküste zu durchqueren. Das zog die Aufmerksamkeit und die Gier des belgischen Königs Leopold II. auf sich. Leopold war Anhänger kolonialistischer Ideen und gründete in Zentralafrika den offiziell eigenständigen Kongo-Freistaat. Zu dieser Zeit wurde aus dem Kongo vor allem Elfenbein und Kautschuk exportiert. Die einheimische Bevölkerung wurde dabei grausam misshandelt und ausgebeutet. Das Ergebnis dieser Geschichte war eines der brutalsten Kolonialregime der Weltgeschichte. Wer sich dem Doktrin nicht beugte, zu wenig Leistung brachte, alt oder krank war, wurde ermordet oder dem wurden die Hände abgeschlagen. Belgisch-Kongo bestand bis zur Unabhängigkeit des Landes im Jahr 1964 wobei das koloniale Erbe immer wieder zu einer Reihe von Bürgerkriegen, Militärputschen, marxistischen Aufständen und Diktaturen führte. Allem voran schadete die Diktatur von Joseph-Désiré Mobutu zwischen 1965 und 1997 dem Land sehr. Mobutu war nicht besser als Leopold II. und unterdrückte und enteignete die aus unterschiedlichen Ethnien bestehende Bevölkerung wo er nur konnte. Sein einziges Bestreben lag darin, die aus dem Ressourcenabbau stammenden Devisengewinne auf seine Privatkonten umzuleiten.
Doch wozu diese lange Vorgeschichte? Und welchen Einfluss hat sie auf die Kaffeeindustrie der DR Kongo?
Nun ja, damit soll verdeutlicht werden, dass es bis hierher keine stabilen Strukturen gab, die eine wirtschaftlich tragfähige Kaffeeindustrie hätten hervorbringen können. Und dennoch, in den frühen 1980er Jahren war Kaffee nach Kupfer das zweitwichtigsten Exportgut und die DR Kongo ein weltweit geschätzter Robusta-Produzent. Die Kaffeeernte hatte aber weniger für den Statt, sondern eher für die Bevölkerung einen immensen Stellenwert. Denn während die Exporteinnahmen für Kupfer und anderen Mineralien und Erzen hauptsächlich in die Taschen der Minenbesitzer und der Regierung flossen, blieb zumindest ein Teil der Gewinne aus dem Kaffee bei den Familien der Kleinbauern. Sie konnten sich damit zumindest das Überleben sichern. Nach dem Sturz von Mobutu im Jahr 1997 tobte in der Demokratischen Republik Kongo bis 2003 ein Bürgerkrieg nach dem anderen. Hunderttausende Menschen flüchteten. Die davon am stärksten betroffenen Regionen lagen im Osten des Landes, die leider auch die wichtigsten Kaffeeanbaugebiete darstellen. Die Kaffeeproduktion erlitt einen massiven Einbruch. Im Jahr 2010 wurde weniger als ein Zehntel dessen produziert, was noch zwei Jahrzehnte zuvor möglich war. Der gesamte Industriezweig kam zum Erliegen. In ihrer Not setzten viele Bauern mit Booten über den Kivu-See, um ihr bisschen Kaffee auf der ruandischen Seite zu verkaufen. Nicht wenige kamen dabei ums Leben oder wurden Opfer von Diebstahl und Gewalt. Niemand war mehr in der Lage, den Kaffee für seinen tatsächlichen Wert zu verkaufen.
Die bisher Regierenden konzentrierte sich also allesamt ausschließlich auf die Ausbeutung des Landes und der Menschen. Die Kolonialisten wurden wegen der großen Kautschukvorkommen und der wertvollen Metalle angelockt und hinterließen Tote und soziale Ungleichheit, spätere Diktaturen schürten gesellschaftliche Intoleranz und starkes Misstrauen gegenüber allen staatlichen Führungsansprüchen. Schlechte Voraussetzungen für eine friedvolle und wirklich demokratische Zukunft. Der Kaffeeanbau könnte aber den Weg für wirtschaftlichen Erfolg und soziale Stabilität ebnen.
Denn seit den 2010er Jahren werden Kooperativen gegründet, die zum Teil staatlich finanziert oder von Fairtrade und anderen Netzwerken unterstützt werden. Anfang 2012 brachte die Regierung ein Strategiedokument für die Stärkung des Kaffeesektors auf den Weg. Mit diesem Programm wurden 100 Millionen US-Dollar für Investitionen in die Anbauregionen bereitgestellt. Darunter befanden sich acht Bezirke in der Provinz Süd-Kivu, die Robusta-Kaffeesorte in der Provinz Orientale / Ituri und etwas Arabica-Kaffee in der Provinz Bandundu. Auch der Privatsektor erkannte die Chance und begann, sich für eine Lockerung der Vorschriften und eine allgemeine Marktliberalisierung einzusetzen. Zu den umgesetzten Reformen gehörten Obergrenzen für Ausfuhrsteuern, eine Überprüfung der Politik und Bemühungen um eine Angleichung der öffentlichen und privaten Interessen. Es wurden viele positive gemeinsame Projekte angestoßen, darunter ein erleichterter Zugang zum internationalen Kaffeemarkt, die Erneuerung der Kulturen und der Infrastruktur sowie Maßnahmen zur Bekämpfung des illegalen Handels.
Dennoch hat das Land mit vielen Herausforderungen zu kämpfen. Es gibt keine Landwirtschaftsbank. Kredite zur Anschaffung von Technik, zur Verbesserung der Logistik oder zur Finanzierung der Aufwendung vor der Ernte sind schwer zu bekommen und müssen oft von privaten Unternehmen und Investoren bereitgestellt werden. Der Schmuggel ist nach wie vor weit verbreitet und die Preise sind niedrig. Ein großer Teil des Kaffees findet seinen Weg über dubiose Kanäle nach Ruanda oder sogar Uganda, wo er als Produkt dieser Länder verkauft wird. Die Gewalt ist unberechenbar, denn im Osten der Demokratischen Republik Kongo herrschen nach wie vor unruhige Verhältnisse. Bürokratie und Korruption führen oft dazu, dass es Monate dauert, bis der Kaffee an den Küsten Afirkas ankommt, bevor er verladen und in ein Abnehmerland verschifft werden kann. Und zu allem Überfluss leiden die Gebiete um den Kivu-See unter den Auswirkungen von Tropenkrankheiten wie Ebola.
Angesichts dieser Tatsachen ist es aktuell noch schwierig, einen echten und nachverfolgbaren Kaffee aus dem Kongo zu bekommen. Röstereien, die sich eine Bestellung sichern können, haben oft mit Lieferverzögerungen zu kämpfen.
Wachstumsbedingungen und Verarbeitung
Das Land liegt direkt am Äquator. Es herrscht ein sehr warmes, tropisches Feuchtklima mit einer Durchschnittstemperatur von rund 20 °C in der Trockenzeit und rund 30 °C in der Regenzeit. In höheren Lagen ist es kühler, was der Qualität der Kaffeebohnen zugute kommt. Gerade in den Anbauregionen gibt es das ganze Jahr über heftige Regenfälle, bei denen durchschnittlich rund 1.500 bis 2.000 mm Niederschlag zusammenkommen. Die DR Kongo ist ein Hotspot für Blitze. Nirgends auf der Welt treten sie so häufig auf wie hier. Die Pflanzenwelt ist üppig und variiert je nach Höhenlage. Die östlichen Hochebenen sind von Grasland bedeckt, während auf den höchsten Gipfeln Bergwald, Bambusdickicht und afroalpine Vegetation vorkommen. Anders als zu Kolonialzeiten (wo man Kaffee noch auf großen monokulturellen Plantagen anpflanzte), stehen die angebauten Kaffeepflanzen heute überwiegend in Mischkulturen von Kleinstbauern. Arabica macht aktuell zirka ein Fünftel bis ein Viertel der gesamten Kaffeeproduktion aus.
Der Boden ist fruchtbar und speziell im Osten der DR Kongo durch seine vulkanische Prägung besonders gut für den Kaffeeanbau geeignet. Hier beträgt die Anbauhöhe schon mal 2.000 bis 2.400 Meter über dem Meeresspiegel.
In der Demokratischen Republik Kongo werden unterschiedliche Kaffeesorten kultiviert. Die wichtigste ist die Robusta, die vor allem im Nordosten des Landes, z. B. in Isiro sowie im Tiefland von Ubangi, Uele, Kivu, Kasai und Bas-Congo angebaut wird. Verstärkt wird auch auf Arabica-Sorten gesetzt, die in höheren Lagen in Kivu und Ituri gedeihen. In allen Landesteilen wird der Kaffee typischerweise gewaschen und sonnengetrocknet.

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Anbauregionen und Geschmackseigenschaften
Auf Anbauhöhen von bis zu 2.400 Metern über dem Meeresspiegel finden sich unterschiedliche Sorten. Robusta ist die wichtigste Bohnensorte in der DR Kongo. Sie hat einen würzigen Geschmack und bietet einen höheren Koffeingehalt. Robusta findet man vor allem im Nordosten des Landes und in niedrigeren Lagen. Arabica wird ebenfalls in der Demokratischen Republik Kongo angebaut und ist in der Region Kivu in höheren Lagen zu finden.
Ituri
Im Norden der Demokratischen Republik Kongo erstreckt sich die Region Ituri über zerklüftetem Gelände, Bergketten und tiefe Tälern. Sie grenzt an Uganda und den Albertsee, und ihre fruchtbaren lehmig-sandigen Böden sind ideal für den Anbau von hochwertigem Kaffee. Der Kaffee wird in Ituri auf einer Höhe von 1.600 bis 1.900 Meter über dem Meeresspiegel angebaut. Ituri-Kaffee ist oft Schmuggelware Richtung Uganda. Die in Ituri angebauten Kaffees weisen Noten von Zuckerrohr, Grapefruit, Pflaume und schwarzer Johannisbeere auf und haben einen ausgewogenen Körper und Säuregehalt.
Nord-Kivu
Nord-Kivu unterteilt man gern noch einmal in Grand-Nord und Petit-Nord. Die Region Grand-Nord ist nach wie vor eine der ertragreichsten Regionen der DR Kongo. Sie erstreckt sich über eine Fläche von fast 25.000 Quadratkilometern. Hier werden große Mengen von Arabica und Robusta angebaut. Die Plantagen liegen zwischen 1.200 und 2.200 Metern über dem Meeresspiegel. Geschmacklich erwarten Dich Noten von tropischen Früchten, Kirsche, Pflaume, Zitrone und Honig sowie ein mittlerer Körper und eine zitrusartige Säure. Der Petit-Nord erstreckt sich über 10.000 Quadratkilometer und umfasst Kaffeeanbaugebiete wie Masisi, Rutshuru, Nyiragongo und Walikale. Die Kaffees aus dieser Region werden zwischen 1.400 und 1.800 Metern über dem Meeresspiegel auf lehmig-sandigem Vulkanboden angebaut. Sie haben oft einen weichen Körper, eine zitrusartige Säure und Aromen von Brombeeren, Trauben und Zitrone. Die Robstas sind erdiger und pflanzlicher.
Süd-Kivu
Aufgrund der vulkanischen Böden und der Höhenlage bis 2.400 Metern bietet die Umgebung von Süd-Kivu hervorragende Anbaubedingungen. Sie ist die Heimat einiger wunderbarer Arabicas mit blumigen Aromen. Du erkennst Zitrus, schwarze Beeren, Lakritze, süßen Tabak, würzige Nuancen sowie einen Kakaonachgeschmack. Wenn Du es cremiger bevorzugst, kannst Du eine Sorte mit Vanille-, Haselnuss- und Schokoladennoten wählen.
Bord du Lac (direkt am Lake Kivu)
Diese Region liegt an der Grenze zu Ruanda, im Albertine-Graben. Sie besteht aus drei Hauptanbaugebieten: Kabare, Kalehe und Idjwi Island. Die Kaffees aus Bord du Lac werden auf Höhenlagen zwischen 1.450 und 1.800 Metern angebaut. Den feinen Gaumen erwarten Noten von tropischen Früchten, Apfel, Jasmin, Schokolade, Kaffeeblüte, Orange und Brombeere.
Ruzizi
Die Region Ruzizi befindet sich im Südosten der Demokratischen Republik Kongo. Es handelt sich um eine vulkanische Region und die Geschmacksnoten der hier wachsenden Bourbon-Kaffeesorte sind eher zitrusartig und fruchtig, das heißt: mittlerer Körper und ein Geschmack nach Zitrone, tropischen Früchten und Melone. Die Region erstreckt sich über rund 16.000 Quadratkilometer und liegt auf einer Höhe von 1.400 bis 2.400 Metern.

Röstung
Die Robsta-Sorten aus der DR Kongo wünschen sich einen Full City Roast bis Italian Roast. Dann kommen schöne Schokoladen- oder Karamelluntertöne hervor.
Gewaschene Arabicas sollten etwas heller bleiben. Zwischen Moderate Light Roast und dem City Roast darf gern experimentiert werden. So erhält sich der Kaffee sein leichtes, seidiges Mundgefühl, welches sauber, knackig und etwas säuerlich herüber kommt. Der Körper ist samtig bis schwer, je nach Röstung.
Zubereitung
Traditionell wird Kaffee in Haiti ohne Sahne oder Milch getrunken, aber gern mit Zucker gereicht. Wenn Kaffee mit Milch oder Sahne serviert wird, nennt man ihn „café au lat" - ein Erbe der französischen Kolonisierung. Die sanfte Natur dieser Bohnen weist eher wenige helle und lebhafte Zitrus- oder Blumenaromen auf. Ein Pour-Over-Aufguss oder eine Tropfmethode sind deshalb nicht die optimalen Zubereitungsarten.
Siebträger, Herdkanne, Vollautomat
Beim Zubereiten eines kongolesischen Robusta-Kaffees solltest Du lieber mehr Wasser und weniger Kaffee verwenden. Dadurch werden die bitteren Aromen abgemildert, die sonst zu intensiv sein können. Je nachdem, wie sehr Du auf bittere Aromen stehst, kannst Du den Kaffee länger brühen, um die bitteren Aromen hervorzuheben, oder auch kürzer, um ihn etwas neutraler zu machen. In der Regel wirst Du ihn aber innerhalb eines Espresso-Blends finden, den Du mit dem Siebträger, der Herdkanne oder dem Vollautomaten zubereiten kannst.
Handfilter, Kaffeemaschine, Chemex
Kongolesischer Arabica-Kaffee eignet sich mit seinem leichten Körper und seiner hellere Säure am besten als Filterkaffee. Eine klassische Kaffeemaschine ist ideal. Natürlich sollte der Kaffee frisch geröstet und gemahlen sein. Der Papierfilter verleiht den Aromen des Kaffees viel Klarheit und die perfekte Menge an Säure und Körper. Gern kannst Du auch mit manuellen Pour-Over Methoden experimentieren. So kannst Du, wenn Du möchtest, den Brühvorgang verlangsamen oder beschleunigen, um die für Dich besten Aromen aus dem Pulver herauszuholen.
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